Klage gegen Social Media wegen Suchtgefährdung

Soziale Medien können süchtig machen oder Sucht verstärken. In den USA wurde nun die weltweit erste Klage dazu zugelassen.

800 Klagen in 42 US-Bundesstaaten

Wenn jemand abhängig nach sozialen Medien wie etwa Instagram, Tiktok oder Snapchat wird, können dann die betreffenden Unternehmen rechtlich dafür belangt werden? Wenn jemand – auch durch soziale Medien verstärkt – ein unrealistisches Körperbild entwickelt, darf dann das Social Media-Unternehmen geklagt werden? Mit anderen Worten: Darf der Zusammenhang von Sucht und sozialen Medien überhaupt vor Gericht kommen? Ja, entschieden zwei US-amerikanische Gerichte. Eine Klage an die Betreiber sozialer Medien ist zulässig.

Unternehmen wollten Klagen verhindern

Große Anbieter von Diensten im Internet wollten die Klage verhindern. Sie hatten sich darauf berufen, dass die Sucht durch die Handlung Dritter zustande komme. Sie selbst seien nur die Plattformen. Die schädigenden und süchtig machenden Inhalte kämen jedoch von Anderen.

Sie beriefen sich dabei auf den berüchtigten Paragraph 230 des „Communications Decency Act“. Demnach können Internet-Dienstleister für die Handlungen Dritter nicht verantwortlich gemacht werden, sie sind dagegen immun.

Die eingebrachte Klage jedoch betrifft nicht nur Inhalte Dritter, entschieden Ende 2023 zwei Gerichte in zwei US-Bundesstaaten, eines in Oakland und eines in Los Angeles. Daher haben die Tech-Unternehmen nicht generell Immunität gegenüber Klagen.

Hunderte Klagen in den USA

Das Gericht entschied damit gegen Alphabet (GOOGL.O), das Google und YouTube betreibt, Meta Platforms (META.O), das Facebook und Instagram betreibt, ByteDance, das TikTok betreibt, und Snap (SNAP.N), das Snapchat betreibt. Das berichtet die Agentur Reuters.

In den USA wurde 2023 eine landesweite Klage gegen Social-Media-Unternehmen eingereicht. Rund 800 einzelne Klagen aus 140 Schulbezirken und 42 Bundesstaaten werden darin vertreten. Diese hunderten Klagen wurden im Namen einzelner junger Menschen eingereicht, die durch soziale Medien negative Auswirkungen hatten, etwa Erfahrungen mit Gewalt, Mobbing oder Sucht machten. Einzelne Klagen umfassen auch ein unrealistisches Körperbild, das von sozialen Medien ausgehen und eine Essstörung verstärken kann.

Konten löschen und Filter wegschalten

In den Klagen wird behauptet, dass Social-Media-Websites durch bestimmte Funktionen und Algorithmen junge Menschen anlocken. Bei Kindern und Jugendlichen, in deren Namen die Klagen eingereicht wurden, hätten sie Sucht oder andere psychische Probleme verursacht. So werden unter anderem die unzureichende Altersüberprüfung und die fehlende Beschränkung der Nutzungshäufigkeit und Nutzungsdauer bemängelt.

Die Klage beinhaltet auch, dass es schwierig ist, Konten zu löschen und Filter zur Bearbeitung von Inhalten wegzuschalten. Gefordert werden Schadensersatz und die Unterlassung der angeblich rechtswidrigen Praktiken.

Weltweit wurde mit Spannung erwartet, ob die Klagen vor dem US-Gericht zugelassen werden oder ob den Tech-Unternehmen von vornherein die Verantwortung für Internet-Sucht abgesprochen wird. Diese Entscheidung hat weitreichende Auswirklungen auch auf andere Länder.

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