Einfluss der Tabakindustrie auf die Politik

Studien zeigen einen komplexen Einfluss der Tabakindustrie auf die Politik. Es geht dabei auch um die Verbesserung ihres Rufs. Gegenstrategien können unter fünf Bedingungen erfolgreich sein.

Tabakindustrie will Regulierungen verhindern oder verzögern

Das WHO-Motto „Junge Menschen vor dem Einfluss der Tabakindustrie schützen” zum Weltnichtrauchertag 2024 legte weltweit den Fokus auf den Einfluss jener, die am Tabak- und Nikotinkonsum verdienen. Sie verdienen gut daran. So gelten Tabak-Aktien als das „beste Investment der Geschichte“.

In Zeiten steigenden Gesundheitsbewusstseins weiterhin schädliche Produkte zu verkaufen, stellt die Tabakindustrie vor große Herausforderungen. Folglich wird auch Kontakt zu Politiker*innen gesucht. Dieser soll dazu beitragen, gesetzliche Regulierungen zu verhindern oder zu verzögern.

Dabei sind Kontakte zwischen Tabakindustrie und Politik für all jene Staaten der Erde fragwürdig, die den WHO-Rahmenvertrag „Framework Convention on Tobacco Control“ (FCTC) unterzeichnet haben.

Tabakindustrie beeinflusst politische Entscheidungen

Denn der WHO-Rahmenvertrag FCTC legt rechtsverbindlich fest, dass Staaten politische Entscheidungen vor Beeinflussung durch die Tabakindustrie schützen sollen. 168 Staaten verpflichten sich damit, nicht mit der Tabakindustrie zusammenzuarbeiten.

Forschungen zeigen, wie die Tabakindustrie trotzdem staatliche Regulierungen wie etwa rauchfreie Gastronomie, Erhöhung der Steuer und Werbeverbote beeinflussen und verzögern möchte. So haben Tabak-Konzerne zunehmend „globale, komplexe und undurchsichtige Einflussgeflechte“ auf die Politik entwickelt, zeigt eine Studie.

Den schlechten Ruf verbessern, um im Spiel zu bleiben

Sie identifiziert Langzeit-Strategien der Tabakindustrie. Diese seien Informationsmanagement, das Bilden von Koalitionen mit der Politik und sogenanntes „Reputationsmanagement“, also die Verbesserung des eigenen Rufs. Die übergeordnete Botschaft ist demnach „Wir haben uns verändert, wir sind Teil der Lösung.“

Dies zeigt sich deutlich, indem die Tabakindustrie im Jahr 2016 das „Ende der Zigarette“ ankündigt und dies seither in regelmäßigen Abständen wiederholte. Damit meint sie nur die konventionellen Zigaretten und stellt gleichzeitig neue Nikotinprodukte wie E-Zigaretten, Tabakerhitzer und Nikotinbeutel als Lösung dar. Das Geschäft mit Nikotin läuft mit dieser Strategie weiter, obwohl gesetzliche Regulierungen deutlicher und Menschen gesundheitsbewusster wurden.

Die Alkoholindustrie und die Süßwarenindustrie wenden mittlerweile ähnliche Strategien wie die Tabakindustrie an, vergleicht eine weitere Studie. Die Tabakindustrie gilt hier als eine Lehrmeisterin.

Ein internationaler Index vergleicht, wie sehr und mit welchen Mitteln die Tabakindustrie in den einzelnen Staaten Einfluss auf die Politik ausübt. Er wurde unter dem Titel „Tobacco Industrie Interference Index“ zuletzt 2023 veröffentlicht.

Gegenstrategien der Zivilgesellschaft

Aber es gibt auch Erfolge jener Menschen und Organisation, die um eine tabak-  und nikotinfreie Welt bemüht sind. Eine Studie analysierte, welche Gegenstrategien dieser sogenannten „Zivilgesellschaft“ erfolgreich sind.

Als wirksame Gegenstrategien identifiziert diese Studie fünf Maßnahmen:

  • das Verhalten der Industrie und falsche Behauptungen aufdecken
  • den Zugang zu Entscheidungsträger*innen finden
  • Beweismaterial beschaffen und nutzten
  • offizielle Beschwerden oder rechtliche Schritte einleiten
  • potenzielle Unterstützer*innen mobilisieren und Koalitionen bilden

Setzen Initiativen aus der Zivilgesellschaft diese fünf Maßnahmen um, so erhöhen sie damit die Chance auf Erfolg nachweisbar. Die Studie bezog für diese Erkenntnisse 30 Gegenstrategien zur Tabakindustrie aus fünf WHO-Regionen ein. In allen war die Zivilgesellschaft gegen Strategien der Tabakindustrie vorgegangen und hatte damit Erfolg.

Systematische Beobachtung der Tabakindustrie

Die Organisation STOP – A Global Industrie Watchdog beobachtet systematisch die Tabakindustrie. Sie identifiziert Strategien der globalen Tabakindustrie und ihrer Verbündeten. Sie bietet auch einen Newsletter an.

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