Abends ein Glas Rotwein oder eine Flasche Bier: Jahrzehntelang hieß es, das mache nichts, sei sogar gesund. Inzwischen weiß man es besser. Auch wenig Alkohol schadet der Gesundheit.
Eine aktuelle Studie untersuchte die Auswirkung des Alkoholkonsums auf das Risiko, an Demenz zu erkranken. Auch dazu hieß es lang: Mäßiger Alkoholkonsum hält fit, körperlich wie geistig. Wer wenig Alkohol trinke, hätte ein geringeres Risiko für Demenz als alkohol-abstinent zu leben.
Auch wenig Alkohol fördert Demenz
Das stimmt nicht, stellte die aktuelle sehr große Studie fest, die in der Fachzeitschrift „BMJ Evidence Based Medicine“ veröffentlicht wurde. Auch wenig Alkohol fördert die Entwicklung einer Demenz. Je mehr Alkohol ein Mensch im Laufe seines Lebens trinkt, desto eher erkrankt er an Demenz.
Die früheren Studien hatten vor allem auf Beobachtungen beruht. Die untersuchten Personen hatten also selbst angegeben, wie viel Alkohol sie üblicherweise trinken. Das lässt sich jedoch schwer überprüfen, und darin liegt ein Potenzial für Verzerrung.
Die aktuelle Studie arbeitet auch mit Selbst-Angaben der Personen, verknüpft diese jedoch mit Gesundheitsdaten und Daten zu ihrer Genetik. So wurden genetische Datenbanken einbezogen. Ziel war, mehr potenzielle Ursachen von Demenz einzubeziehen, um so die Rolle von Alkohol besser herausarbeiten zu können.
In die Studie wurden rund 560.000 Menschen aus Großbritannien und den USA einbezogen, die zwischen 56 und 72 Jahren alt waren. Die US-amerikanischen Proband*innen wurden im Durchschnitt vier Jahre nach der Basis-Erhebung erneut untersucht, die britischen rund zwölf Jahre danach („Follow up“).
Risiko steigt mit der Alkohol-Menge
Während der Nachbeobachtungszeit hatten rund 14.600 Menschen eine Demenz entwickelt. Diese wurden gesondert zu ihrem Alkohol-Konsum untersucht und daraus das durch Alkohol entstandene Risiko berechnet. Die Alkoholmenge wurde in „Drinks per week“ nach einem standardisierten Verfahren erhoben.
Es zeigte sich: Geringer Alkohol-Konsum ist kein Schutz für die Entwicklung von Demenz. Das Gegenteil ist der Fall. In fast allen Fällen steigt das Risiko für Demenz linear mit der Menge des konsumierten Alkohols.
Je weniger die Menschen trinken, desto eher bleiben sie von Demenz verschont. Je mehr sie trinken, desto eher entwickelt sich eine Demenz.
Gar kein Alkohol schützt am besten
Gar keinen Alkohol zu trinken, schützt demnach am besten. Menschen mit einer diagnostizierten Alkoholabhängigkeit hatten verglichen mit abstinenten Menschen ein um 16 Prozent erhöhtes Risiko, eine Demenz zu entwickeln.
Gleichzeitig verzeichneten aber Personen, die an Demenz erkrankten, im Laufe der Zeit auch einen Rückgang des Alkoholkonsums. Auch dies könnte zu Verzerrungen führen: Wer dement ist, vergisst eher zu trinken. Das höhere Risiko für Abstinente aus früheren Studien kann also schlicht auch daran gelegen sein, dass Menschen mit fortgeschrittener Demenz seltener Alkohol trinken, dieser jedoch sehr wohl zu ihrer Entstehung beigetragen haben kann.
Schwierige Forschung
Grundsätzlich ist die Forschung zu Alkohol sehr schwierig umzusetzen, weil man Menschen nicht zu Studien-Zwecken dazu animieren kann, Alkohol zu trinken, um anschließend die Folgen zu beobachten. Forschende sind daher immer auch auf Selbst-Angaben angewiesen. Das gilt ebenso für den Konsum von Nikotin, Medikamenten und illegalen Drogen.
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